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Ein Mahnmal – so spät?

Als die »Initiative Mahnmal Homosexuellenverfolgung« 1990 in Frankfurt am Main an die Öffentlichkeit ging und die Auseinandersetzung mit diesem Teil deutscher Geschichte einforderte, wurde oft gefragt, warum dies erst so spät geschehe. Dass es letztlich nahezu 50 Jahre gedauert hat, bis in Deutschland ein öffentliches Zeichen der Achtung für die Männer mit dem »rosa Winkel« und die verfolgten lesbischen Frauen geschaffen werden konnte, lag vor allem daran, dass mit der Befreiung vom Nationalsozialismus die Verfolgung der Homosexuellen in Deutschland nicht zu Ende war. Oder, wie der aus Frankfurt emigrierte Historiker Richard Plant es formulierte: »Für Homosexuelle war das Dritte Reich mit seiner Niederlage noch lange nicht wirklich vorbei.«

Der mögliche Bruch mit der Homosexuellenverfolgung wurde nach 1945 nicht vollzogen. Anstatt an die demokratische Strafrechtsdiskussion um die Abschaffung des § 175 in der Weimarer Republik anzuschließen, übernahm die sich formierende Bundesrepublik den § 175 in der von den Nazis drastisch verschärften Form in ihr Strafgesetzbuch. Der Nazi-Terror gegen die Homosexuellen, dem dieser Paragraph zumindest den Anschein von Legalität hatte geben sollen, wurde damit im nach hinein gerechtfertigt: Denn nun galt, dass das, was in der Bundesrepublik Recht geworden war, vordem nicht Unrecht gewesen sein konnte.

Unerbittlich vollstreckte die Bundesrepublik sogar von der Nazi-Justiz verhängte Urteile nach dem § 175 zu Ende – im Einzelfall bis hin zu lebenslänglicher Sicherheitsverwahrung. Ungebrochen überdauerte der Homosexuellenhass das Ende des Nationalsozialismus: Noch Anfang der 60er Jahre galten die Homosexuellen den Regierenden der Adenauer-Ära als »schwere Gefahr« für das, was sie – in auch sprachlich ungebrochener Kontinuität – als »gesunde und natürliche Lebensordnung im Volke« bezeichneten.

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Richard Plant: The Pink Triangle – 1986


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Magnus Hirschfeld


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Frankfurter Rundschau – 23.1.1951